Donnerstag, 27. August 2009

Angst.

Ich schwimme gerne. Und oft. Hier in England ist das ja eher eine frustrierende Sache. So bin ich, mangels akzeptabler öffentlicher Schwimmbäder, im April Mitglied in einem FitnessClub geworden. Dieser bietet ein 25 m Hallenbadbecken und ein 20 m langes Freibad.
Schon bei meinen Eltern jauchzte ich freudig in Erwartung des 50 m Freibades ...

Mit meinen Eltern und meinem Großvater fuhren wir nach Schwangau in Urlaub.

Mit Kind und meinem Vater fuhr ich einen Nachmittag an den Bannwaldsee.
Ein idyllisches Plätzchen. Es war nicht viel los. Die Böschung war zugewachsen. Nur wenige kleine Stellen ermöglichen das (durch Steine) eher schmerzhafte rein und rauslaufen.

Ich jauchzte erneut, sprang in das kühle Nass und schwamm 200 Meter raus. An einer der Stellen spielten kleine Kinder. Sonst war niemand, wirklich niemand zu sehen. Drehte mich um - und wollte ans Ufer zurückschwimmen.
Und bemerkte eine Strömung. Im See.
In dem Moment hatte ich wirklich das aller erste Mal ernsthaft Angst um mein Leben.

Natürlich hatte ich bereits sonst Angst gehabt. Davor im Studium eine Arbeit zu versauen. Oder wenn sich das Kind mal wieder weh getan hatte oder krank war. Als wir die Zwangsräumung bekamen und ich nicht wusste, ob wir alles so in der Zeit geschafft bekommen wie es sein muss.

Aber die Angst abgetrieben zu werden und schlicht unter zu gehen, bevor irgendwer da was mitbekommt, die war mir neu. Mir wurde es speiübel, ich schwamm schneller, merkte, dass ich falsch atme und sich ein Gefühl der Panik in mir breit macht.
Ich realisierte, dass um Hilfe schreien nichts bringt. Das hätte auch sowieso keiner gehört und mich noch mehr Kraft gekostet.
Also schwamm ich um mein Leben. So kam es mir jedenfalls vor.
In Wahrheit kam ich viel schneller voran als ich dachte.

Dennoch kam mir der Weg bis ans Ufer unendlich lange vor. Die Gedanken waren mehr als schräg, die sich mir aufdrängten. Beispielsweise, dass ich doch meinem Mann gar keine Liste gemacht habe. Im Fall meines Todes. Oder es so gut wie kein schönes Bild vom Kind UND mir gibt. Oder vom Mann und mir. Dass es Zeit ist alte Liebesbriefe von Verflossenen zu entsorgen. Ob ich bei meine Lebensversicherung als Begünstigte Kind und Mann angegeben habe?


Dabei sieht er so unschuldig aus. Der Bannwaldsee.







Später erfuhr ich, dass genau an dieser Stelle tatsächlich eine Strömung herrscht. Ich dachte ja danach schon, dass ich Halluzinationen hätte.

11 Kommentare:

  1. Uff... ich habe ein bisserl Gänsehaut!
    Deine Panik kann ich mir gut vorstellen, ich habe auch einmal solche Angst gehabt, dass mir all solche komischen Gedanken durch den Kopf gingen.

    Ich wohne direkt am Rhein, an dem es gerade hier im Kölner Süden auch "leider" regelrechte Strände hat, die zu einem herrlichen Tag am Wasser einladen. Aber der Fluss hat halt auch verdammt gefährliche Strömungen und es ist wirklich ein Wagnis, dort zu schwimmen. Selbst an Stellen, die eher harmlos aussehen oder wo man noch Boden unter den Füßen hat. Der wird einem schnell weggezogen, wenn ein großes Schiff vorbeifährt.
    So vergeht kein Sommer ohne Strömungs-Opfer - häufig höre ich hier den Notarztwagen oder den Rettungshubschrauber...

    Dass ein See auch Strömungen haben kann, darüber habe ich ehrlich gesagt bis heute nicht nachgedacht. Aber ich werd´s mir merken!!

    Ich hoffe, es war trotzdem noch ein schöner Tag für Dich!!

    Viele Grüße
    Britta

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  2. Ich bin auch am Rhein aufgewachsen. Und mein Vater erzählt mir heute noch, dass sie mit sieben, acht Jahren ein Mal quer über den Rhein geschwommen sind. - Uffz.

    Ich traue mir durchaus zu locker und ohne größere Probleme 800 - 1000 m am Stück auf einem See zu schwimmen - aber das war echt was, dass ich nicht noch mal brauche :(

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  3. Puh.
    Ausdauer sei Dank.

    Aber jetzt lass mal Fotos machen, von dir und dem Kind- oder noch besser von euch allen. Das ist einfacher als die Trennung von alten Briefen :)

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  4. OOOOOH weh....da hast du mir gerade ANGST gemacht!!!
    Ich buin am Rhein aufgewachsen,und habe auch schon Strömungen gespürt...
    Schön ist es gut ausgegangen!!!!!Herzlich GabiB.

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  5. Mach doch nicht sowas :-o

    Meine Schwester und ich sind mal beinah gleichzeitig in der Nordsee ertrunken,Strömung und hohe Wellen,es war wirklich schrecklich.

    Und die Gedanken mit dem Foto kenn ich :-/

    Schön das du wieder da bist :)

    Meld mich am We mal ausführlicher bei Dir,hab ein bißchen was zu erzählen ..positives und negatives*örks*

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  6. Das liest sich wie ein Krimi *schluck*
    Dann doch lieber im Hallenbad schwimmen (-:
    Die Ami's wissen schon, warum sie ueberall Lifeguards haben.

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  7. Ufff, gruselig!

    Aber dennoch ist es immer wieder mal gut, deutlich an Grenzen zu stoßen. Um hinterher sein Leben wieder ein bisschen bewusster zu leben. Oder sich von alten Briefen zu trennen. Oder mal ein hübsches Bild aufnehmen zu lassen.

    Eine ziemlich blöde Erfahrung, aber im Nachhinein vielleicht sogar nützlich?

    Ich wünsche einen schaurig schönen Abend!

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  8. Liebe Ex,

    auch mir haben sich beim Lesen die Nackenhaare aufgestellt. Es ist schon Wahnsinn, was einem auf einmal für Gedanken durch den Kopf gehen, wenn man merkt, dass man jetzt richtig kämpfen muss, um nicht unterzugehen. Du hast das toll gemeistert! Und wann gibt es jetzt eine Fotosession mit der Familie? :)

    Schön, dass Du wieder da bist.

    Liebe Grüße und schöner Tag noch,
    Juliane

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  9. Uuuah, man kann die Panik, die Du hattest, förmlich spüren *grusel*

    Hach, Schwangau kenn ich auch, allerdings nur im Winter. Auch sehr schön!!

    LG Andrea

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  10. gut gegangen - welch ein Glück!!!!!
    viele liebe Grüße

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  11. hui, das kenn ich auch. und immer will mir keiner glauben, hält meine angst für spinnerei wenn ich sag: die kinder gehen an solchen seen nicht ins wasser...

    *drückdich* MINERVA

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