Donnerstag, 9. Oktober 2008

Englisches Alltagsleben Teil ähm 4

Heute: Wohnen.

Als wir nach England zogen, besorgte uns der Arbeitgeber meines Mannes ein Haus. Der Mietvertrag lief über ihn, da wir leider ja noch kein Konto hatten und ohne Konto kein Mietvertrag.

Das Haus war in einem Neubaugebiet umrundet von einer wirklich wirklich schlechten Gegend.
Hohe Dichte an minderjährigen Müttern, viele Kampfhunde, verrottete Gebäude, die männlichen Bewohner Typ Hooligan - kurzum: hach, man fühlte sich wunderbar.
Für die Bewohner des Cresents waren die Hausbesitzer des Neubaugebietes reich.
Neid, Einbrüche, Jugendbanden die durch das Neubaugebiet streiften waren die Regel.

Ich regte immer wieder an uns was anderes zu suchen, aber nun ja, man zieht ja nicht einfach mal so um.
Und dann kam uns der Zufall zu Hilfe.

Ende November 2006 kam ein Brief an.
"An den Bewohner des Hauses ..."

Ich öffnete, wurde bleich und bekam weiche Knie.

Unser Vermieter hatte schon länger seine Raten bei der Bank nicht mehr bezahlt.
Vor mir lag ein Brief mit der Androhung einer Zwangsräumung - wenn wir nicht innerhalb von zehn Tagen ausziehen.
ZEHN Tage.
Und das war auch kein Witz.
Die englische Gesetzsprechung ist da eisenhart. Egal ob wir die Miete gezahlt haben oder nicht: wir mussten raus.

Nachdem ich hysterisch lachendheulend bei meinem Mann auf der Arbeit anrief, machte ich mich an die Arbeit.

auf der positiv Seite war: schneller Wohnungsmarkt, angesehener Job meines Mannes und mein Organisationstalent.
auf der Negativseite: Dezember. Vor Weihnachten will keiner Umziehen. Also wenig Auswahl.

Die nächsten fünf Tage sah ich mir ca 15 Häuser an, packte nebenbei und entwickelte einen Notfallplan.
Mein Flug nach Deutschland war für Mitte Dezember schon gebucht. Vorher sollten meine Eltern herkommen um die Weihnachtsaufführung meines Kindes anzusehen.

Mietswohnungen und Häuser sind in England meistens nicht ganz so doll. Der Vermieter will meistens nur Geld, es gibt viele Vorschriften für Mieter, aber wenig Rechte. Beispielsweise ist es nicht erlaubt zu streichen. Oder einen Nagel in die Wand zu hauen ohne Berechtigung durch den Vermieter.

Ich fand ein Haus in einer von mir bevorzugten Gegend. Nicht ideal, aber die Alternative auf der Straße zu stehen, war auch nicht prickelnd.
Mein Mann konnte sich nicht so kurzfristig frei nehmen und sah das Haus nur von aussen.
Als er fragte: "hmm, meinst Du wirklich? Sollen wir nicht noch weiter suchen?"
antwortete ich mit schriller Stimme: "Das ist jetzt nicht Dein Ernst?! Wir müssen aus dem anderen Haus raus und vor Weihnachten und zwischen den Jahren KOMMT nichts auf den Markt! Entweder wir nehmen das jetzt oder wir lagern alles ein, ich gehe mit Kind nach Deutschland und BLEIBE DA BIS DU EIN HAUS GEMIETET UND EINGERICHTET HAST!"

Ich sagte am am nächsten Tag zu, es wurde unsere Liquidität überprüft und zwei Tage vor der Zwangsräumung unterschrieb ich den Mietvertrag.

Wir zogen nach genau zehn Tagen in unser neues Heim.
Um 15 Uhr fuhr ich zum Flughafen und holte meine Eltern ab.

Drei Tage später war alles eingerichtet und wohnlich.

Und die Story ist immer ein Garant für offene Münder auf deutschen Parties ;)

10 Kommentare:

  1. Ich erinnere mich und kanns auch heute noch nicht fassen wie du das gewuppt bekommen hast...auch die Geschichte das dein Mann doch noch lieber nach was anderem gucken wollte *gacker*So typisch ;-)

    Also eins weiß ich,sollte ich jemals umziehen wollen(wir wohnen ja schön) dann sag ich Dir Bescheid*g*

    Grüßken
    Sandra

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  2. Ich kann mich auch noch erinnern. Ich glaube, ich wär in hysterisches Gekreische ausgebrochen - am 2. von 10 Tagen *hmpf*

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  3. WOW & SCHLUCK*
    Da kann man nix mehr hinzufuegen.
    Respektvolle Gruesse!

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  4. Sandra: aber bitte nur neun Tage Zeit - ich will ja eine Herausforderung haben *g*

    Annett: Och - bei so was bekomme ich rote Wangen und werde aufgeregt ... ich sah es als Wettkampf ;)
    Im Notfall hätte ich alles eingelagert und wirklich erst mal in einem B&B gewohnt!

    Andrea: Das positive: ich weiß jetzt, dass ich richtig gut organisieren kann *g*

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  5. ui... man wächst mit seinen aufgaben *g*. SO ETWAS habe ich noch nicht erlebt....vielleicht ähnliches. auf jeden fall ne situation, wie auch deine, die männer SO sicher nicht hingekriegt hätten!!
    also hut ab... dich kann so leicht nix mehr aus der ruhe bringen!
    lg...siggi

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  6. Hallo ex,
    Immer wenn ich deinen Blog lese, erinnere ich mich an
    unsere Zeit in London (Dez 2005 - Mai 2007). Ist schon
    witzig wie aehnlich meine Erfahrungen teilweise sind.
    Auch wir sind in relativ kurzer Zeit, ganz alleine
    ohne jegliche Hilfe mit 2 kleinen Kindern und einem
    5 Wochen alten Baby umgezogen, allerdings von Putney nacH Kingston quer durch den Richmond Park.
    Berichte weiterhin von der Insel, es macht wirklich Spaß deine Stories zu lesen.
    Alles Liebe

    Annette

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  7. oh gott! da werde ich ja schon beim lesen nervös!!!!

    geschichten die das leben schreibt!! :o)

    glg, lina....die umzüge HASST!

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  8. Boah.
    Könntest Du mich jetzt beim Verfassen des Kommentares sehen, hättest Du einen guten Ausblick auf mein Gaumenzäpfchen.
    Respekt!

    LG Jacqueline

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  9. Siggi, mein Mann hat seine Begabungen, organisieren gehört nicht dazu *g* Der hatte sich an der Aktion nur folgendermaßen beteiligt: Gästebett im Gästezimmer abbauen und dann alle Kisten Abends immer runterschleppen!
    Nur am Umzugstag musste er richtig mit ran.

    Danke Annette :) Leben in GB unterscheidet sich doch teilweise erheblich von dem in Deutschland - auch wenn man es kaum glauben mag!

    Jacqueline: Ich musste eben schallend lachen als ich Deinen Kommentar las. Danke dafür :)

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  10. kurze frage: wohnt ihr jetzt noch immer da?

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