Montag, 30. Juni 2008

Öffentlich? Privat? Ganz privat!

Wir waren am Wochenende bei einem Kollegen meines Mannes zum Sunday Lunch eingeladen. Peter ist 36 und hat nun vor kurzem beschlossen, dass er erwachsen werden will. So ein bisschen zumindest. Mit seiner Frau Jane, die entfernt mit Superwoman verwandt sein muss, ist er nun schon seit 17 Jahren zusammen.
Derzeit erwarten die beiden ihr viertes Kind. Sollte es ein Mädchen werden, stände ihr die geballte Macht dreier reizender Jungs im Alter von 7, 4 und zwei entgegen.

Mit Jane verstand ich mich direkt. Wir teilen einige Erfahrungen, wie Langzeitstillen, Auffassung von Kindererziehung oder auch schnöde: Einrichtung.

Allerdings ist sie im Gegensatz zu mir eine Natural born Mom. Sie lebt für ihre Jungs und das schließt auch den 36 jährigen Jungen im Haushalt mit ein.
"Als wir uns für Kinder entschlossen, wusste ich, dass ich für sie da sein will. Uneingeschränkt.", erklärte sie mir, während wir den Kindern beim Matsch-Spielen im Garten zusahen. "Als Lehrerin in öffentlichen Schulen war mir aber ganz schnell klar, dass ich das für meine Kinder nicht will. Ich unterrichte sie selbst."
Während in Deutschland Homeschooling verboten ist, steigt in England die Nachfrage immer mehr. Die Kinder sind strengen Prüfungen unterworfen und es muss ein Stundenplan aufgstellt werden. Es gibt regelmässige Treffen mit anderen Homeschooling-Schülern.
"Als wir den ältesten daheim unterrichten wollten, war es noch sehr schwer einen Platz zu bekommen, aber inzwischen ist es wirklich ganz einfach."
Ein Mal die Woche macht sie mit den drei Jungs einen Ausflug in die nähere und weitere Umgebung, besucht Museen, geschichtlich bedeutsame Orte, Wissenschafts-Center.

Ich frage vorsichtig: "Du wirst wohl nicht viel Zeit für Dich haben?"

"Nein," antwortet sie lächelnd, "und es fehlt mir auch nicht."

Mein Magen verklumpt sich und ich fühle mich mit einem Male unglaublich egoistisch und schäme mich fast für mein Bedürfnis nach Ausleben der Kreativität, dem Wunsch zu lesen oder einfach mal allein zu sein.

Ich sah unauffällig auf ihren Kopf ob ich einen Heiligenschein finde. Finde ich nicht. Muss wohl gerade zum polieren sein. Verdient hat sie ihn.

16 Kommentare:

  1. Und nun sprich:
    Wie viele weiße Haare hast Du anstelle der Korona gefunden? ;)

    Muah, ich glaub dazu wär ich nicht fähig – meinen Sohn zu unterrichten.
    Grad den!

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  2. Keine. Sie ist blond *g* Sie ist eine sympathische gutaussehende Frau, die so gar nix vom Heimchen am Herd hat, wie man es sich vorstellt.

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  3. Tolle Frau, und so toll beschrieben. Sie muss man einfach gern haben. Hut ab!
    Habe gerade meinen zweiten eigenen und vierten Sohn insgesamt bekommen. Da ist wenig Zeit für eigenes, aber es geht und ich nehme mir das auch. Sonst würde ich nicht glücklich sein. Selbst unterrichten könnte ich nicht, ich bin eine schreckliche 'Erklärerin'.
    Alle Achtung.
    LG Suse

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  4. Ob das so die richtige Metode ist seine Kinder aufs Leben vorzubereiten sei mal dahingestellt - ich bin der Überzeugung das man den Kindern wertvolle Erfahrung nimmt.

    Aber du brauchst dich für deinen "Egoismus" nicht zu schämen.. denn das mußten dann 98 % der Frauen und Mütter . Außerdem sind die Ruhestunden und die Hobbys daür da neue Kraft zu tanken um für die Blagen wieder da zu sein...

    GGLG Britta

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  5. @bysuse: Ja, sie ist supersympathisch und sie geht völlig in ihrem Mutterdarsein auf ohne dass man das Gefühl hat, dass sie nichts anderes mehr im Sinn hat.
    Mir reicht es, dass ich unserer Tochter Deutschunterricht (obwohl ich es studiert habe) geben muss. Ich wollte nie Lehrerin sein. Schon gar nicht beim eigenen Kind.

    @Bitta: sie haben viele feste Treffen und Gruppen. Bei diesen Kindern klappt es. Sie kennt auch einige Fälle, da wurde das Experiment nach ein paar Monaten abgebrochen, weil es für Eltern/Kinder nicht funktionierte. Die Abneigung gegen öffentliche Schulen hier kann ich jedoch völlig verstehen. Unsere Tochter geht ja ab September auf eine Privatschule aus dem Grund.

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  6. Naja, also ich weiß nicht.

    Mag ja toll klingen, und für die Kinder auch toll sein momentan.

    Aber kommen sie so im Leben weiter?
    Ohne direkte soziale Kontakte und die damit verbundenen Konflikte, z.B. in der Schule.

    Du hattest ja vor kurzem erst geschrieben, dass sie öffentlichen Schulen nicht so dollen seien. Aber ich würde meine Kinder dann lieber auf eine private Schule schicken.

    Ich würde mir das auch gar nicht zutrauen, sie alleine zu unterrichten. Okay, sie ist Lehrerin, da ist es anders.

    Und Zeit für sich braucht man schon irgendwann!

    Liebe Grüße
    Sonja, die in dieser Hinsicht sicher keine Supermom ist :D

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  7. schon bewunderswert - aber meins wär's auch nicht! und meistens sieht's hinter so wunderschön glücklichen fassaden dann doch nicht so perfekt aus oder sie kommen mit der zeit ins bröckeln ... ich bin mit unserem schulsystem in deutschland auch nicht 100-prozentig zufrieden. aber trotzdem finde ich es für kinder eine bereicherung, sich mit verschiedenen erwachsenen und auch kindern auseinadersetzen zu müssen.
    grüße, mito.

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  8. @ Sonja und Mito: Bei Schulgebühren pro Kind un Jahr um die 6000 Pfund (ca 9000 Euro) können wir uns (wenn wir noch einigermaßen leben wollen) nur eins leisten derzeit. Dazu kommen ja noch Kosten für die Schulkleidung und extra-Kurse wie Ballett oder Instrumentenunterricht.
    Aber ich glaube auch, dass den Kindern früher oder später etwas wichtiges fehlen wird: das Muss sich mit anderen auseinander zu setzen, sich gewisen Regeln über die nicht diskutiert werden können unterwerfen zu müssen, sich in eine Gemeinschaft, nicht nur für ein, zwei Stunden die Woche eingliedern zu müssen. Für unsere Tochter wäre Homeschooling ein Desaster.

    Sie wuppt übrigens nebenher den ganzen Haushalt und organisiert alles perfekt.
    Kochen konnte sie auch.

    Mein Mann meinte auf dem Rückweg grinsen: man, Peter hat es aber wirklich gut bei der ...

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  9. Puuh, wen´s glücklich macht. Ich würde mit meinen Söhn sehr aneinandergeraten und würde neben der Spielverderberrolle, die man als Mutter sowieso schon irgendwie hat, nicht auch noch die der Lehrerin einnehmen wollen.
    LG von Caro

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  10. Ja, Caro, ich bin auch immer wieder hier die Spaßbremse *hüstel* und daher reichen mir die Deutschstunden, die ich ihr notgedrungenerweise gebe.
    Aber diese Frau strahlte wirklich Spaß und Freude aus.

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  11. vielleicht hat sie gar keinen heiligenschein? und macht es: auch für sich?
    wie auch immer. jeder soll tun, was er für wichtig, richtig und gut hält.
    und du machst das auch. was zu dir passt. und bitte auch mit spaß! und ohne schlechtes gewissen.

    wünscht sich für dich.
    rike.

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  12. Rike, du hast natürlich recht.
    Es ist für sie das absolut natürlichste und idealste.
    Und führt mir meine Schwächen vor die Augen ... Die mich jedoch ausmachen :)

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  13. Habe eben Deinen Blog entdeckt und bin begeistert. Du schreibst so toll. Wie ein gutes Buch, daß man nciht zur Seite legen mang.
    Darf ich Dich verlinken?

    Liebe Grüße
    Gela

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  14. wow!

    wenn ich solche geschichten höre, dann ziehe ich den imaginären hut, vor soviel energie und hingabe.

    nur... eins sollte frau grundsätzlich nicht, meine ich... komplexe bekommen, weil es superwomen gibt, die so etwas (scheinbar) leichtens wuppen.

    und... vor allem kein schlechtes gewissen haben, weil man als frau (und nicht "nur" mutter!) auch ganz eigene, "egoistische" bedürfnisse hat.

    ich persönlich kann mir auch nicht vorstellen, meine bedüfnisse immer hinten anzustellen, keine zeit für kreative ideen und ab und zu einen "ganz eigenen rhythmus" zu haben... und ich möchte behaupten, dass ich mit ganzen herzen auch mutter bin.

    jede mom nach ihrer facon... und ich bin sicher, wenn mama zufrieden & glücklich ist, dann sind es die kinder mit hoher wahrscheinlichkeit auch... sowohl bei den superwomen als auch den ganz normalen frauen... ;o)

    mütterlich grüße
    nic

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  15. *räusper* darf ich an dieser Stelle mal kurz erwähnen, dass ich es kaum abwarten kann, wenn's Töchterchen ab August JEDEN VORMITTAG in den KiGa geht... Heiligenschein hin oder her, wen's gefällt. Für mich wär's nichts und meine auch: Kinder brauchen Kinder und nicht nur die Mama!
    LG, Bine

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  16. @ nic: ich liebe meine Tochter wirklich aus tiefstem Herzen und würde quasi alles für sie tun. Aber der Gedanke, dass sie ab September in die Schule kommt und damit 17 Wochen Ferien im Jahr hat, lässt mir der kalte Angstschweiss ausbrechen. So viel hingabe ist mir schlicht nicht angeboren oder was auch immer. Ich bewundere Jane wirklich dafür, überhaupt weil sie es gerne macht und es sie glücklich macht.

    @Bine: wegen den 17 Wochen Ferien ab September (Hier fängt ja die Schule doch etwas früher an) ... und weil Tochter andere Kinder braucht, überlege ich mir gerade ernsthaft in ein Fitnesstudio einzutreten, in dem ihre besten Freundinnen jetzt schon Mitglied sind. Einfach für gemeinsames Sporteln in den ganzen Ferien!

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